Corona: Ist Panik vor einer Ansteckung angezeigt? Ein Statement vom März 2020
Wir werden seit Wochen mit Schreckensnachrichten von Infizierten und Toten überschwemmt. Wir sehen Bilder von überfüllten Spitälern und Menschen an Beatmungsgeräten, von astronautisch vermummten Personen, welche Strassen mit Desinfektion besprühen und von leergehamsterten Verkaufsregalen. Jeden Tag erhalten wir die Zahlen von neuen Opfern und auf der Weltkarte-Grafik mit roten Kreisen ist Europa flächendeckend dunkelrot. Seit Wochen gibt es in den Medien nur ein Thema: Corona. Die Dramatik der Berichterstattung, die ständigen Wiederholungen, diese drastischen Notstandsmassnahmen der Regierungen, die Kriegsrhetorik – all das macht etwas mit uns. Es wird eine Stimmung geschaffen, derer wir uns schwer entziehen können. Es entsteht der Eindruck, dass es ernst ist – sehr ernst. Wir sind akut von einer tödlichen Gefahr bedroht. Verdrängen können wir diese Bedrohung nicht, da wir alle durch die Einschränkungen betroffen sind. Während die Devise des Bundes Anfang März noch hiess, volle Züge zu meiden und bei Krankheit zuhause zu bleiben, werden wir von Woche zu Woche eindringlicher gewarnt, zuhause zu bleiben. Die roten Plakate hängen überall. Mit diesen Appellen an unser Verantwortungsgefühl möchte man die Risikogruppen schützen und einen Kollaps des Gesundheitssystems verhindern. Bis die Botschaft in den Köpfen aller Leute angekommen ist, braucht es Zeit; sie muss wiederholt und uns immer wieder 'eingehämmert' werden. Das macht Sinn und ist allemal besser, als autoritäre und radikale Sanktionen zu ergreifen, die mit viel Polizeigewalt durchgesetzt werden müssen. Mittlerweile haben wir die Botschaft verstanden: Die Leute halten sich an die Regeln des Abstands und an die Hygienevorschriften. Bloss: Wiederholte eindringliche Warnungen und die Horror-Gehirnwäsche durch die Medien können irreale Ängste erzeugen. Die Angst der Menschen nimmt zu und ist grösser als noch vor einigen Wochen. So trauen sich viele junge Menschen nicht mehr vor die Haustüre, weil jeder Mensch ein potentieller 'Feind', eine Ansteckungsgefahr ist. Andere haben Angst, ihre Putzfrau oder einen Handwerker in die Wohnung zu lassen oder fahren mit Masken und Handschuhen im eigenen Auto. Viele Menschen trauen sich trotz akuter Beschwerden nicht mehr, eine Arztpraxis aufzusuchen, aus Angst vor einer Ansteckung. Es ist paradox: Während der Pandemie haben die Hausarztpraxen und Notfallstationen in der Schweiz kaum mehr zu tun!
Dazu kommen die wirtschaftlichen Ängste der Menschen. Durch den Lock Down haben viele keinen Job mehr oder finanzielle Einschränkungen. Wir wissen nicht, wie lange dieser Ausnahmezustand noch andauert und können die Folgen nicht abschätzen. Dass ein Virus die ganze Welt innerhalb von nur wenigen Wochen zum Stillstand bringen kann, ist bedrohlich. Die Konsequenzen für die Wirtschaft und für unser Finanz- und Staatssysteme sind noch nicht absehbar.
Wie es gesellschaftlich weitergeht, wissen wir alle nicht. Aber wie wir mit unserer Angst umgehen, darauf haben wir Einfluss. Es ist normal, dass Schreckensnachrichten und Kontrollverlust Ängste auslösen. Unsere Fähigkeit, Angst zu empfinden ist angeboren. Angst ist eine Alarmreaktion, die uns hilft, uns gegen Gefahren zu schützen. Wir empfinden dann Angst, wenn wir eine Situation als gefährlich bewerten und gleichzeitig unsere Fähigkeiten, damit umzugehen, als gering einschätzen. Die Angst zeigt sich auch körperlich, z.B. in muskulärer Anspannung und durch das Ausschütten des Stresshormons Cortisol, welches auf Dauer unser Immunsystem und unsere Organe schwächt.
Was wir gegen die Angst tun können, ist, die Gefahr realistisch einzuschätzen und uns bestmöglich zu schützen. So können wir Einfluss auf die Angst nehmen und ein Gefühl der Kontrolle gewinnen. Wie wir uns schützen können, das wissen mittlerweile alle und wir tun es. Was die Einschätzung der Gefahr betrifft, da ist die Einstellung vieler Menschen verzerrt. Deshalb möchte ich den Schreckensbildern ein paar Fakten gegenüberstellen, welche die zunehmende Angst der Bevölkerung vor einer Ansteckung relativieren soll.
Das Coronavirus ist eines von vielen Viren. Im Bus, am Einkaufswagen, an öffentlichen Türklinken, am Schlüsselbund, auf der Tastatur von unserem PC oder an unserer Kleidung hat es Tausende von Viren und Bakterien. Sie sind überall! Wenn wir wegen jedem Virus oder Bakterium an den Händen erkranken würden, wären wir ständig krank und die Menschheit wäre schon lange ausgestorben. Eine Ansteckung allein durch die Berührung von infizierten Dingen konnte bis heute nicht nachgewiesen werden.
Die wichtigste Sicherheitsmassnahme eine konsequente Händehygiene: Wir fassen nur mit gewaschenen Händen ins Gesicht und diejenigen Lebensmittel an, die wir essen. Das gilt nicht nur in Zeiten von Corona, sondern immer!
Die nachvollziehbaren Übertragungen fanden durch längere oder nahe Kontakte (Partys, Konzerte, überfüllte Räume) oder nahe Körperkontakte mit einer erkrankten Person statt. Eine Ansteckung über die Luft oder einen flüchtigen kurzen Kontakt (z.B. beim Vorbeigehen, einer kurzen Begegnung vor einem Verkaufsregal) konnte bis heute ebenfalls nicht nachgewiesen werden und ist unwahrscheinlich.
Das Tragen von Gesichtsmasken ist sinnvoll, um den Auswurf von Tröpfchen auf Gesunde zu verhindern. Masken dienen also in erster Linie dem Schutz der anderen und sind in dicht bevölkerten Ländern wie Japan oder China schon lange üblich. Masken können dann sinnvoll sein, wenn der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann.
Bis jetzt haben sich mehr Menschen an Grippe als mit dem Coronavirus infiziert. Jedes Jahr sterben auch mehr alte Menschen an Grippe.
Die Spitäler in der Schweiz haben immer noch genügend Kapazität. Die Betten- und Intensivstationen sind sogar unterbelegt, weil die Ärzte alle geplanten, nicht lebensnotwendigen Operationen auf unbestimmte Zeit aufschieben müssen.
Die Erkrankung verläuft bei den meisten Menschen harmlos. Nur ältere Menschen oder Menschen mit einer Vorerkrankung entwickeln schwere Symptome.
Die durchschnittliche Todesrate variiert je nach Land und hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. der Luftverschmutzung und der Versorgung in den Spitälern. In der Schweiz liegt die Sterberate aktuell bei drei Prozent. Bei einer Grippe liegt sie bei rund einem Prozent.
Es sterben fast ausschliesslich alte Menschen. Das durchschnittliche Todesalter liegt in der Schweiz bei bei 83 Jahren, d.h. die Hälfte der Toten ist älter als 83 Jahre.
Es sterben fast ausschliesslich Menschen mit einer Vorerkrankung (97%).
(Quellen: Bundesamt für Gesundheit, bag.ch)
Also: Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich mit konsequenter Händehygiene und den aktuellen Vorsichtsmassnahmen anstecken könnten, ist sehr gering. Und falls Sie sich doch anstecken, dann sind Sie höchstwahrscheinlich zwei Wochen lang krank. Danach genesen Sie und sind wieder gesund. Das Risiko zu sterben ist für Sie nicht grösser, als jedes andere menschliche Risiko zu erkranken oder zu sterben. Es ist für ältere Menschen oder Menschen mit einer Vorerkrankung erhöht – aber das ist es auch sonst. Das Leben ist ein Risiko, und wir sterben mit einer Gewissheit von 100%. Natürlich können wir jeden Tag daran denken, dass wir an Krebs erkranken oder von einem Auto überfahren werden könnten. Das tun wir nicht, weil wir sonst durchdrehen. Genau so unsinnig ist dieses Denken jetzt auch. Lenken Sie den Blick also wieder auf Ihre Handlungsmöglichkeiten:
Konsumieren Sie nicht ständig Nachrichten, das lenkt den Blick nur auf Gefahren. Wenn Sie die Angst überfällt, denken Sie bitte an die oben erwähnten Fakten!
Bauen Sie mehrmals bewusste Entspannungsmomente in Ihren Alltag ein. Sie können z.B. Ihre Lieblingsmusik hören, ein paar Lockerungsübungen machen oder bewusst schöne Momente geniessen und Dankbarkeit dafür empfinden.
Sie können den Fokus auf schöne Dinge richten, z.B alte Fotobücher anschauen oder sich an schöne Erlebnisse mit Familie und Freunden erinnern.
Sie können sich von Menschen fern halten, die sich bloss Katastrophen ausmalen.
Sie können für ausreichend Bewegung, frische Luft und gesunde Ernährung sorgen. Das hebt Ihre Laune und stärkt Ihr Immunsystem.
Sie können aktiv sein und zuhause Dinge tun, die Sie schon lange tun wollten. z.B. etwas Feines kochen oder backen, Frühlingsputz machen, ausmisten, die Wände neu streichen.... Das macht Sie stolz und zufrieden.
Sie können regelmässig Ihre Kontakte pflegen mit Telefonaten, SMS oder Videotelefonie. Sprechen Sie nicht nur über die Krise, sondern auch über andere Dinge in Ihrem Alltag.
Sie können sich eine Struktur im Alltag schaffen, in dem Sie den Tag planen, was sie tun, wann Sie essen etc. Das stärkt ihr Gefühl, etwas bewältigen und abhaken zu können.
Nehmen Sie die Situation an. Im Leben gibt es nie absolute Sicherheiten und absolute Kontrolle. Wenn Sie drastische Einbussen erleben, denken Sie, dass Sie nicht allein betroffen sind. Vielen Menschen geht es so wie Ihnen und die gesamte Menschheit steht vor neuen Herausforderungen. Denken Sie daran, dass diese Krise rückblickend eine Chance war, neue Strategien zu lernen.
Helfen Sie anderen Menschen, in dem Sie z.B. etwas für eine bedürftige oder ältere Person erledigen. Das gibt Ihnen ein gutes Gefühl und hilft gegen Einsamkeitsgefühle.
Unser Denken und unsere Gefühle haben einen zentralen Einfluss auf unser Immunsystem! Dauernde Angst und Anspannung schadet ihm und macht uns krank. In diesem Sinne: Bleiben Sie nicht nur körperlich gesund, sondern tragen Sie auch zu Ihrer Psyche Sorge!
© Text: Christine Hefti, Bild: Canva
Kommentare