"Obwohl wir sagen, dass Hygiene wichtig ist, duscht er sich nach der Arbeit oder dem Sport nicht."
„Trotz mehrmaligem Erklären, dass die tägliche Hygiene sehr wichtig sei, klappt es mit unserem Sohn (17) damit schon längere Zeit nicht. Er duscht nicht nach der Arbeit oder nach dem Sport mit Duschmittel oder wäscht sich die Haare nicht. In einer Woche werden Unterhosen und Socken einmal gewechselt und wenn man fragt, ob er geduscht habe, wird mit einer grossen Bestimmtheit mit ,Ja!’ geantwortet. Wie erreiche ich endlich, dass dies im Kopf automatisiert werden kann? Schon öfters habe ich auch erklärt, dass getragene Kleider sauber auf dem Stuhl abgelegt werden sollen. Das klappt auch nicht, denn die Kleider liegen immer unordentlich da und wenn man sie wieder anziehen will, sehen sie völlig zerknittert aus. Vielleicht haben Sie mir einen Rat, wie man das Problem ohne dauernde Druckmittel lösen kann.“ Amalia, 53
Liebe Amalia, wenn Ihr Sohn wenig Wert auf sein Äusseres legt, hat das einerseits mit Bequemlichkeit zu tun, andererseits mit einem schlechten Selbstwertgefühl. Da helfen Erklärungen und Ermahnungen nicht weiter. Fragen dürfen Sie erst recht nicht, denn mit ‚Hast du schon …?' holen Sie sich bloss eine dumme Lüge ein: Der junge Mann möchte ja schliesslich sein Gesicht wahren. Hier ist etwas mehr Bestimmtheit gefragt: Suchen Sie mit ihm ein wohlwollendes Gespräch und geben Sie ihm Ihre Hausregeln bekannt: Ab jetzt wird jeden Tag geduscht und die Unterwäsche gewechselt, und jeden Abend kommt die schmutzige Wäsche hier in den Wäschesack. Ist er einverstanden? Sagen Sie ihm weiter, dass Sie einige Tage beobachten werden, ob das klappt. Wenn nicht, müssen Sie schon etwas direkter werden. Das tönt dann etwa so: «Heute gibts erst Nachtessen, wenn du deine Kleider versorgt und geduscht hast – Haare inklusive!» Ohne etwas Druck geht es also nicht. Natürlich sind nicht Zwang und Strafen damit gemeint, sondern liebevolle Führung und Kontrolle. Ausserdem geht es darum, den Jugendlichen in seinem Selbstwertgefühl zu stärken und ihm Anerkennung zu schenken, wenn er frisch ist. Sie können mit ihm auch einmal seine Garderobe durchgehen und und ihm sagen, was ihm steht. Es wäre doch jammerschade, wenn ein junger hübscher Mann wie er stinkend in der Gegend rumlaufen und alle Mädchen vertreiben würde!
Neu: Jugendliche verstehen und zur Kooperation gewinnen – Praktische Wege aus der Sackgasse für verzweifelte Eltern und Jugendliche. Pubertät, Entmutigung beim Lernen, Eintritt ins Berufsleben, erste Liebe, Uneinigkeiten in der Familie, Erfahrungen mit Drogen und Alkohol – im Jugendalter erhalten viele Herausforderungen rasch eine besondere Brisanz. In diesem Buch finden Sie viele Briefe von verzweifelten Jugendlichen, Eltern und Grosseltern und den ermutigenden, lebensnahen Rat der Psychologin. (Zur Zeit wegen Lieferproblemen nur als kostengünstiges E-Book erhältlich.)
© Text: Dr. Christine Hefti, Bild: Canva
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